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Das täuscht

 

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Es liegt eine sehr verschlafene Ruhe über der Insel, aber das täuscht. Eine Menge Einheimische sind schon unterwegs, ein paar Ausländer auch. Zu Fuß, die einen auf dem Weg zur Arbeit, die anderen auf dem Weg zu den Mekongfällen.

Die wirken auf den ersten Blick ziemlich gewaltig, aber das täuscht. Das wären die kleineren, versichert uns der Führer. Die richtigen, die großen, die mächtigen, 26 Meter hohen, die kämen heute Mittag. Aber selbst die kleinen haben den Franzosen genug Ärger gemacht, besonders dem Militär. Die wollten nämlich mit ihren Kanonenbooten nicht nur den unteren Mekong patrouillieren, sondern auch auf dem oberen Flusslauf Dominanz und Stärke zeigen. Aber vor 20 Meter hohen Wasserfällen, auf zehn Kilometern Breite müssen selbst Kanonenboote kapitulieren. Die Militärs hatten dann diese wunderbare Idee, doch eine Eisenbahn um und über die Wasserfälle zu bauen, die Kanonenboote in handliche Häppchen zu zerlegen und sie so in den Oberlauf zu transportieren. Funktionierte im Ansatz mehr schlecht als recht, was dann dem 4000-Insel-Delta ein paar Museumsstücke und eine unmotiviert in der Gegend herumstehende Eisenbahnbrücke bescherte.

Wir nutzen wieder das lokale Transportmittel bis zur Anlegestelle, wo Bus und Fahrer auf uns warten. Dann geht es weiter zu den „richtigen“, den Kone Papheng Fällen, die wirklich unter die Kategorie „beeindruckend“ fallen: beeindruckend wild, beeindruckend breit und beeindruckend laut.

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Gegen die geballte Kraft der Natur kommen die Bambuskonstruktionen der „view points“ nicht an. An manchen Stellen sieht man auch, dass der Mekong da wohl nur einmal herzhaft gelacht hat ob der menschlichen Bemühungen.

Und dann steht da – inmitten der tobenden Gewalten – dieser Mönch, ein Fotomotiv, wie vom Fremdenverkehrsbüro da hingestellt. Archaisch, aus der Zeit gefallen, steht er da, meditiert, kontempliert die Allmacht der Natur.

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Wie gesagt, das täuscht.

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Viertausend Inseln

 

c11Die Lao-Nippon-Brücke in Pakse ist die einzige laotische Mekongbrücke, die vollständig, mit beiden Beinen sozusagen auf laotischem Territorium steht. Außerdem ist sie nicht nur die südlichste, mit 1380 Metern auch die längste Mekongbrücke in Laos. Vielleicht ist das der Grund, weshalb wir – gefühlt – andauernd über sie fahren. Gestern mehrmals und heute Morgen schon wieder, auf dem Weg nach Wat Phou. Dabei kommen wir genauso oft an einer hässlichen Bauruine vorbei. Mehrere solcher unvollendeter „Prunkbauten“ schmücken das Stadtbild. Großprojekte wie ein Casino, die die Regierung erst erlaubt, dann abgewürgt hat. „We do not always understand our goverment“, bemerkt unser Führer. Wir können ihm versichern, dass das in Deutschland auch nicht anders sei.

 

A propos Prunkbauten, da gehört Wat Phou eindeutig dazu, die riesige Tempelanlage, an der, mit der die Khmer schon mal für Angkor Wat geprobt haben. Aber im Gegensatz zu Angkor ist Wat Phou fast menschenleer. Wenn wir mal von ein paar Archäologen absehen und einigen alten Mütterlein, die an den alten Schreinen beten. Die Tempel in der Anlage sind lebendige Tempel, zu denen gepilgert wird und an denen Opfergaben dargebracht werden, was gelegentlich zu unerwarteten Anblicken führt.

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Wat Phou liegt hingegossen zwischen den Berge und dem Mekong. Angeblich ist einer der Berggipfel integraler Teil des Tempels und Sitz der Gottheit, der sehr männlichen Gottheit, soll der Gipfel doch sein „lingam“ sein. Wie groß die Anlage ist, zeigt ein Blick von oben – oder das Geständnis, dass wir zwischen Museum am Eingang und Prachtallee den Dienst eines Elekro-Shuttle-Büschens in Anspruch genommen haben.

Die Prunkstraße bis zu den Treppen sind wir dann würdevoll und hochmotiviert zu Fuß gegangen. Die Treppen sind fast noch faszinierender als die Gebäude rechts und links. In Angkor nennen sie die Hallen „die Bibliotheken“, was aber auch nur munter drauf los geraten ist, weil niemand so genau weiß, welchem Zweck sie dienten. Schön sind sie auf jeden Fall mit ihren fantastischen Steinmetzarbeiten.

Die Treppen, gesäumt von großen Frangipani-Bäumen, führen zu einem am Berg gelegenen uralten Heiligtum. Treppen so ausgetreten, dass man förmlich die Abertausende von Füßen spürt, die vor uns über diese Stufen gegangen sind.

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Oben gibt es ein Heiliges Krokodil, dem angeblich Menschenopfer gebracht wurden, seltsame Mulden – für Blutopfer? – im Stein und noch seltsamere moderne Schilder.

Wir streifen durch das riesige Gelände, schauen ein bisschen den Arbeitern über die Schulter und schaffen es tatsächlich fast, uns in einem der Gebäude zu verlaufen.

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Auch der Rückweg ist ein bisschen kompliziert, da unser Kleinbus uns an einer anderen Stelle abholen soll, das Gelände ist so riesig, da kürzen wir den Weg zum Eingangsbereich etwas ab.

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Mittagessen gibt es in einem einfachen Lokal direkt am Mekong, mit Fisch, auch direkt aus dem Mekong. Als ich auf dem Rückweg vom Pilzesuchen an der Küche vorbeikomme und sehe, dass auch das Spülwasser direkt aus dem Mekong kommt, wird mir doch ein bisschen seltsam zumute.

Ein weiteres Mal kreuzen wir die Brücke in Pakse und dann geht es am anderen Mekong-Ufer schnurstracks nach Süden, den 4000 Inseln und den Mekongfällen entgegen. Für die Nacht auf einer der größeren Insel – Done Khone – lassen wir den Bus am Ufer zurück und vertrauen uns und unser Gepäck einem schmalen Boot an. Ich liebe ja die Landungsbrücken, den Anblick des Container-Terminals in Hamburg, Fernweh pur,  aber dieses Terminal hier hat seinen ganz eigenen umwerfenden Charme.

Unser Hotel wurde Ende 1800 gebaut im Auftrag der „Saigonaise de navigation et compagnie de transport et Courriers Fluviales de Cochinchine” und sieht sich als „villa patrimoniale française“. Der Name ist dann auch das Großartigste daran, denn die Zimmer wirken doch sehr in die Jahre gekommen.

 

Dafür ist der Sonnenuntergang am Mekong einfach nur umwerfend schön.

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Da kann man nichts machen

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Manchmal ist das eben so, da kann man nichts machen.

Wir beginnen den letzten Tag in Luang Prabang mit einer letzten Almosenprozession. Sozusagen mit Logensitz, der Haupttempel liegt unserem Hotel gegenüber. Die Prozession zieht in würdevoller Stille durch die noch dunklen Straßen, was sie sehr eindrücklich, aber auch schwer zu fotografieren macht.

Unser Frühstück im Hotelrestaurant ist dann deutlich heller und üppiger, eine köstliche Mischung aus französischen Brioches und Croissants und laotischen Spezialitäten, knusprig geröstete Mekong-Algen mit Sesam etwa.

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Bis zum Flughafen klappt alles noch wunderbar, dann wird es etwas schwierig. Unser Flieger wird erst als verspätet gemeldet. Nach zwei Stunden wird uns gesagt, dass, da der nächste Flug nach Pakse eh in weiteren zwei Stunden startet, sie diesen Flug nun ganz ausfallen lassen und wir uns bitte auf die neue Abflugzeit einstellen sollten. Das ist jetzt eben so, da kann man nichts machen…

Nun gibt es Flughäfen, in denen man vier Stunden Wartezeit durchaus akzeptabel überbrücken kann. Der von Luang Prabang gehört nicht dazu.

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Am frühen Nachmittag landen wir in Pakse, ein strammes Besichtigungsprogramm vor uns – und einen sehr unglücklichen Führer. Reine Fahrzeit aufs und über das Bolaven-Plateau würde schon vier bis fünf Stunden in Anspruch nehmen, ohne Fotostopps und Besuch in den Bergdörfern bei den Einheimischen. Und da wäre auch noch das für vor vier Stunden geplante Mittagessen in einem „Resort“ nahe des Tad Fane Wasserfalls. Dieses letztere Problem hat eine einfache Lösung: wir kaufen an einem Straßenstand ein paar Bananen und etwas Jackfruit. Dann setzen wir uns an die Lösung des größeren Problems: es wird in drei Stunden dunkel, da sieht man eh nichts mehr, weder Dörfer noch Wasserfälle, von den schwierigen Fahrverhältnissen ganz zu schweigen. Also müssen wir die Rundreise rigoros zusammenstreichen. Das ist jetzt eben so, da kann man nichts machen. Fällt uns nicht ganz so schwer wie erwartet. Es kommen uns zwei Dinge zu Gute. Zum einen fühlen wir uns ohnehin immer ein bisschen befangen, wenn wir „authentische“ Einheimische in „authentischen“ Dörfern besichtigen sollen, dürfen, müssen. Zum anderen gibt es ein sehr gutes Freiluft-Museum auf dem Plateau. Ein einheimischer Geschäftsmann machte sich Sorgen um die prekären Lebensverhältnisse der diversen Stämme in der Region. Er bot den Ältesten eine Art Handel an: sie bauen auf seinem Gelände ein, zwei Häuser in ihrer traditionellen Art auf. In diesen Häusern können im Turnus Familien aus den Dörfern leben, ihre Produkte herstellen und an Touristen verkaufen.

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Für ihren Aufenthalt im Museum würden die Familien außerdem entschädigt. Das sei, so wird uns erzählt, am Anfang sehr wichtig gewesen, da die Stammesmitglieder in den ersten Wochen auf dem Museumsgelände alles gejagt hätten, was nur irgendwie ess- bzw verkaufbar erschien. Das gleiche Schicksal drohte den Bäumen. Es wäre ein langwieriger Lernprozess gewesen, die Menschen zu überzeugen. Ein großer Baum kann nur einmal gefällt, nur einmal verkauft werden, dann ist er weg. Ein Baum, der stehen bleibt, kann jedem Touristen gezeigt werden, also mehrfach „verkauft“ werden. Ein Vogel, ein Fisch kann nur einmal gefangen und gegessen werden. Tiere, die man nicht isst, können Touristen anlocken. Und die bringen mehr Geld als das arme kleine Vögelchen…

Dass der Geschäftsmann die Eröffnung seines Museums im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr sehen konnte, macht die Geschichte ein bisschen traurig: er erkrankte hier an Malaria, was ihn erblinden ließ.

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Wir können die Frucht seiner Idee sehen und erwandern. Auf dem weitläufigen Gelände werden wir an Hütten die unterschiedlichsten Macharten erfahren und auch die sehr weit auseinandergehenden Lebensanschauungen dahinter. So gibt es auf einem Stammesgebiet eine Junggesellenhütte, ganz isoliert, weit oben in der Baumkrone, wo junge Paare erst einmal ungestört bestimmte Aspekte des Zusammenlebens ausprobieren konnten, bevor sie eine langfristige Verpflichtung eingingen. Andere Häuser anderer Stämme haben dagegen seltsame Erker-Auswüchse an der Seite. In diesen saßen – vor fremden Blicken gut geschützt – die Töchter des Hauses zusammen und konnten selber die freie Aussicht genießen auf die Vertreter der männlichen Dorfjugend, die vor dem Haus paradierten, sozusagen ein Bräutigam-Ausspäh-Zimmer. Erst wenn eines der Mädel ein Exemplar für gut befunden – und ich kann mir das Gekicher und Gegickel im Erker nur zu gut vorstellen – und ausgewählt hatte, wurde der junge Mann auf die Veranda vors Haus eingeladen, wo er dann dem Vater Rede und Antwort stehen musste. Das alles, bevor er auch nur wusste, welche der Töchter ihn denn nun haben wollte.

Es ist sehr amüsant, die verschiedenen Geschichten zu hören und sich die unterschiedlichsten Wohnhäuser anzuschauen. Es gibt auch den Nachbau einer großen Versammlungshalle, in der man ein bisschen Museumsgeschichte erfährt. Außerdem liegt das Areal landschaftlich sehr schön an einem Fluss mit Wasserfall. Wenn auch die Brücke eine kleine Herausforderung darstellt.

Wir fahren auf unserer gekürzten Tour noch den Tad Fane Zwillingswasserfall an und beenden den kulturellen Teil des Tages mit einer Führung und einem „coffee tasting“ auf einer Kaffeeplantage.

Ein kleiner Kulturschock ist dann unser Hotel in Pakse, ein riesiger Komplex direkt am Mekong, sachlich-kühl. In drei der vier Restaurants toben sich ganze Busladungen chinesischer Touristen beim Karaoke aus. Das ist so unerträglich, dass der Hotelmanager nichtchinesischen Touristen die eigentlich geschlossene vierte Terrasse direkt am Mekong öffnet. Dort sitzen wir mit ein paar anderen Verlorenen im Halbdunkel auf Biergarten-Bänken und überlegen kurz, in der Stadt ein Restaurant zu suchen. Beschließen, dass wir zu müde sind, bestellen und harren der Kellner, die uns dann Teller mit für uns kaum sichtbaren geschweige denn identifizierbaren Zutaten hinstellen. Sonst hätte ich sicher nicht die Vogelaugenchili aufgegabelt. Es ist eine ziemlich unangenehme Erfahrung und nichts – Wasser, Bier, Reis – hilft wirklich. Fällt auch unter das Motto des Tages: das ist eben so, da kann man nichts machen.

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Mit dem Lift geht es in den zwölften Stock. Wir öffnen die Tür auf weite Räume, Panoramafenster und den Mekong im Mondschein. Das Wichtigste aber sitzt winzig klein an der Zimmerdecke: ein Gecko. Ein Gecko – im zwölften Stock – und ich bin glücklich. Das ist jetzt eben so, da kann man nichts machen.

 

 

 

 

 

 

Frust und Freude

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Unser letzter Tag in Luang Prabag ist geprägt von einem Schwanken zwischen diesen beiden Polen. Die Freude, die bringt der Kleine und seine Kollegen, der Frust resultiert aus unseren nicht erfüllten Erwartungen.

Wir gingen hier von aus

Arrival at the Elephant Village. Welcome and greeting by our Camp Manager and participate in short briefing.  Enjoy the impressive experience of approx. 1.5 hours elephant ride to the Elephant Jungle Camp. – Enjoy approx. 1.5 hours walk through a unique natural jungle valley with limestone cascades. – Lunch at the Elephant Jungle Camp –  Boat trip on the Khan River: see the Tad Sae Waterfall, boat trip to our Elephant Village. – Depart back to Luang Prabang between 03:00 and 04:00 pm.

 Die Organisatoren im Camp offensichtlich nicht. Erste Zweifel kommen uns, als der lokale Führer für heute in der Lobby erscheint, im dunklen Anzug, hochglänzende Lackleder-Schuhe an den Füßen. Wir stehen da in Wanderklamotten und Trekkingschuhen.

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Im Elefantendorf angekommen zeigt sich, dass es wohl ein massives Missverständnis zwischen unserem Organisator und ihnen gegeben hat. Er hat uns für eine „one day experience“ angemeldet, sie haben drei Stunden für uns gebucht. Telefonate führen nicht dazu, dass unsere Vorfreude steigt. Letztendlich stellt sich heraus, dass das Dschungelcamp im Winter geschlossen, die Elefanten in einem Camp am Fluss untergebracht sind. Zu diesem würden wir mit kleinen Nachen gebracht, eine halbe Stunde Reiten, eine „jungle experience“, das wäre das, was sie uns um diese Jahreszeit anbieten könnten, take it or leave it.

Der lokale Führer ist sehr unglücklich, dass wir nicht glücklich sind, aber er kann auch nichts ausrichten gegen die bestehenden Tatsachen.

So lassen wir uns darauf ein, nehmen die schönen Erfahrungen gerne und die jungle experience mit Schaudern an.

Drei von uns sitzen jeweils in einem schmalen Nachen hinter dem Bootsführer. Wir tuckern langsam den Nam Khan hoch bis zu den Tad Sae Wasserfällen und der angekündigten „jungle experience“. Die Fahrt selber ist sehr schön und genau getimed. Wir sind so lange auf dem Wasser, dass ich bis zum Aussteigen schon fast wieder vergessen habe, wie wackelig das Einsteigen war. Dafür ist unsere „jungle experience“ eine üble Touristenfalle.

Um ein paar Becken mit zugeben sehr schönen Wasserfällen gruppieren sich Bespaßungsangebote der überflüssigeren Art. Wie eine Zipline, die nicht sehr vertrauenserweckend aussieht, das Café und die örtlichen Tigerjagd-Lokalitäten übrigens auch nicht. Dafür ist der Geräuschpegel recht hoch, ja auch der der Fälle, aber ich meine eher die Mädchengruppen, die das Elefantenbad gebucht haben. Mit nur wenigen Kleidungsstücken, dafür aber mit umso mehr Gekreische und Gequietsche werden sie auf dem Rücken eines Elefanten in die Badebecken geführt. Und da geht der Lärmpegel erst richtig hoch.000e8b

Das alles führt dazu, dass wir uns hier nicht lange aufhalten möchten und nach den vorgeschlagenen „Wanderwegen“ zu weiteren Wasserfällen Ausschau halten.

000e6bDie sind aber entweder gesperrt oder langweilig. Bis auf die ein oder zwei Brücken, die dann auf einmal doch nicht so langweilig sind.

Die Pirogge bringt uns zurück zum „Elephant sanctuary“, dem Gnadenhof für „pensionierte“ Arbeitselefanten.

Unser Ritt auf dem Elefantenrücken beginnt mit einer Lektion in Elefanten-Etikette. Wir treffen „unseren“ Elefanten, füttern ihn mit Zuckerrohr und streicheln ihn. Er wird gesattelt, für die, die in der Howdah reiten wollen. Die Große, passionierte Reiterin, sitzt auf dem Tier, versucht es mit den Füßen hinter den Ohren zu lenken. Das bringt ihr vom Elefantenführer auf dem Führerelefanten ein paar gutmütige Bemerkungen zu „Frau am Steuer“ ein.

Es ist sehr schnell klar, dass die Elefanten Profis sind und eigentlich keiner Lenkung bedürfen. Der Weg führt hinunter zum Fluss, dann geht es – für die Elefanten brusttief – durchs Wasser zu einer Sandbank in der Mitte. Dort darf jeder Elefant das Bündel Zuckerrohr, das er im Rüssel mehr oder weniger trocken über den Fluss gebracht hat, picknicken, bevor es in einer Schleife zurück zum Stall geht. Das dauert mit vielen Fotostopps kaum zwanzig Minuten. In der Tat verbringen wir mehr Zeit damit, die Tiere vorher und nachher zu streicheln, sie mit Zuckerrohr zu füttern und fasziniert zu beobachtend, wie sie die saftigen Stängel krachend zermalmen.

Wir bekommen auch etwas zu essen, aber das ist wohl so unbeeindruckend, dass ich komplett vergessen habe, was.

 

Kurz danach kommt unser Bus und der lokale Führer, der während unserer diversen „experiences“ im „Dorf“ gewartet hat, setzt uns vorm Hotel ab. Seine Schuhe sind noch genauso glänzend wie heute Morgen.

Einigen ist das nicht genug Wasserfall gewesen und so wird am Nachmittag ein Taxi-Ausflug zu den Kuang Si Fällen organisiert. Die Fotos sind sehr schön.

Monsieur und ich, wir lassen uns lieber noch einmal durch Luang Prabang treiben. Mit kurzem Stopp bei Big Brother Mouse, vorbei an den Garküchen und Märkten. In einem der Tempel holt uns ein Telefonanruf und wenig später die örtliche Vertreterin unseres Reiseveranstalters ein. Dann wird es schon ein bisschen absurd. Erst erklärt sie uns, wie leid es ihr täte, dass das am Morgen nicht zu unserer Zufriedenheit war. Dann überreicht sie uns mit großer Geste ihr Handy. Am anderen Ende der Chef persönlich, mit dem gleichen Text. Aber dann verspricht er uns vollmundig, dass wir bei einer weiteren Laosreise, gebucht bei ihm, eine Attraktion frei hätten. Er weiß, dass das nicht passieren wird, wir wissen, dass das nicht passieren wird. Aber so kann er Gesicht wahren und wir dann ungestört weiter die spezielle Atmosphäre der Stadt genießen. Nach einem Tempel im „Brioche dorée“ einen petit café avec croissant genießen und, später, als uns die Füße langsam weh tun, in der Bar à vin einen apéro nehmen.

Morgen fliegen wir von Luang Prabang nach Pakse im Süden. Da werden wir dann statt über die Kälte über die Hitze stöhnen können. Ist doch mal etwas anderes…

 

Auf dem Mekong

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Fast vor der Haus-, naja, der Hoteltür  wartet unser Boot für die Fahrt den Mekong hoch zu den Pak Ou Höhlen. Es ist kalt und neblig, auf den Familienfotos sind wir alle mit hochgeschlossenen Jacken und Kapuzen zu sehen. Der Nebel sorgt dafür, dass ich manchmal zweimal hinschauen muss, bevor ich meinen Augen glaube, dass da am Ufer tatsächlich Elefanten gebadet werden.

auf dem Mekong von Luang Prabang nach Pak Ou

Die Berge im Hintergrund hüllen sich geheimnisvoll in Nebel, gelegentlich kommt uns ein Fischerboot entgegen. Am Ufer erwachen Dörfer zum Leben und wir sind fast allein auf der Welt.

auf dem Mekong bei Luang Prabang

Das ändert sich natürlich, sobald wir in die Nähe der Höhlen kommen. Wir sind nicht die einzigen und bei weitem nicht die ersten, die heute Morgen die Bootstour auf dem Fluss unternommen haben. Unser schwankendes Boot hält weit außen an den schwankenden Stegen, die in den Mekong hineinragen. Schwankendes Boot, schwankende Stege und ich. Ich spüre förmlich, wie sich hinter mir drei Fotografen in Stellung bringen, um just den Moment zu erwischen. Aus reiner Bosheit falle ich nicht ins Wasser.

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Wir hatten ein großes Boot alleine für uns, aber die anderen Boote sind wohlgefüllt und nun stehen wir mit den anderen an, erst für die Tickets, dann die schmalen Treppen hoch zum Eingang der Höhle. Eigentlich mag ich solch ein Gedränge gar nicht, aber die Höhlen haben so viel geheimnisvoll-mystische Atmosphäre, dass es für alle reicht. Seit Hunderten von Jahren stellen die Menschen hier voller Andacht ihre Statuen auf, um zu bitten, um zu danken. Ein undurchschaubares Durcheinander von Buddhas, neben-, gelegentlich auch übereinander. Jedes freie Fleckchen wird genutzt, so lange, bis es eben keine oder kaum noch freie Fleckchen gibt.

Es gibt sie in allen Variationen, von Jahrhunderte alten bis zu modernen Massenprodukten aus Plastik, mit Glitzerstaub, vom exquisiten Kunstwerk zum anrührenden Selbstgeschnitzten. Die modernen Absperrungen sorgen dafür, dass sich im Vordergrund die neuen Figuren in den Blick drängen, mit ihrer glänzenden „Vergoldung“, ihrer schieren Anzahl. Weiter oben, auf Vorsprüngen, in Felsnischen stehen dann die älteren Statuen, schlanke, asketisch wirkende Figuren. Die Vergoldung vom Staub verdunkelt, die Gesichtszüge fast verwittert, haben sie eine unglaubliche Ausstrahlung. Meine Wunschgedanken gehen in Richtung, diese Höhle einmal allein (oder zumindest mit deutlich weniger Gedränge) bei Sonnenaufgang oder -untergang zu erleben.

Ein kleines bisschen davon geht in Erfüllung beim Besuch der zweiten Höhle. Sie liegt nicht direkt am Ufer, ist nicht ganz so einfach zu erreichen und deshalb fast leer. Auch Statuen gibt es hier viel weniger, dafür geheimnisvolle Felszeichnungen aus vor-buddhistischer Zeit.

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Der Nachmittag ist dann deutlich prosaischer und fängt – eine Bootsfahrt und zwei schwankende Stege weiter – auf der anderen Seite des Mekongs an. Das Restaurant auf den Uferhöhen bietet uns – und ein paar Dutzend anderer Touristen – Mittagessen mit Blick auf den Mekong, den von der Seite mündenden Nam Ou und die Höhlen auf der Gegenseite. Von flussaufwärts kommt ein kleines Kabinenboot und fährt auf eine Sandbank auf. Zwei Männer springen heraus, sichern das Boot und stellen dann einen Tisch und zwei Stühle auf. Der Tisch wird aufs Feinste gedeckt und gerichtet und dann erscheint ein junges Paar aus der Kabine, anscheinend auf der Hochzeitsreise. Alleine auf einer Sandbank im Mekong zu dinieren – ist das romantisch. Es wäre natürlich noch viel romantischer, wenn da nicht ein paar Dutzend Touristen zuschauen würden.

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Den Rest des Nachmittags tuckern wir im Sonnenschein den Mekong hinunter zurück nach Luang Prabang mit schönster Aussicht auf die Berge jetzt. Unterbrochen wird die Fahrt, um uns die Möglichkeit zu geben etwas zu lernen. Wie man Reisschnaps braut, Seidentücher webt oder aus Maulbeerbaumrinde Papier herstellt.

Es geht natürlich weniger um das Konzept des LebensLangen Lernens als um die Förderung der einheimischen Industrie. Einiges ist ziemlich furchtbar, wie die Flaschen mit im Alkohol konservierten Skorpione und Schlangen. Anderes ist wirklich sehr schön und einige Transaktion finden statt. Schließlich ist in knapp elf Monaten Weihnachten.

 

 

Luang Prabang

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Vor diesem Beitrag fürchte ich mich ein bisschen. Luang Prabang ist einfach so umwerfend. Wie soll ich das aufs Papier bringen? Ganz bestimmt nicht mit Stilepochen und Jahreszahlen. Eher schon mit Bildern, vielen Bildern…

Luang Prabang ist eine Stadt mit verzaubernder Atmosphäre. Tempel mit vergoldeten Fassenden wechseln ab mit französischem Kolonialstil. Manchmal wechselt sich auch laotischer Kitsch ab mit französischem. Ziemlich überwältigend viel Kitsch gibt es im königlichen Palast, heute ein Museum. Zwischen Kitsch und Kunst betten wir – mehr oder weniger freiwillig – alltägliches Leben ein, weil der Jüngste Medikamente oder wir einen Kaffee, naja, eher die dazugehörige Pause, brauchen.

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Als wir die Apotheke finden, ist sie ein winziges Ladenlokal, an den Wänden Regale bis zur Decke, in denen sich Schachteln und Schächtelchen stapeln, davor ein gläserner Ladentisch, der freien Ausblick auf das Chaos im Inneren gibt, hinter dem Glaskasten ein freundlicher älterer Herr. Stimm- und wortlos schiebt der Jüngste seine leere Packung über den Tisch, genauso wortlos schiebt der ältere Herr nach einem Griff ins bunte Chaos eine volle Packung zurück. Die Packungen sind identisch, fast. Nur der europäische Schriftzug ist durch das fröhliche Gekringel der laotischen Schrift ersetzt. Das ist alles deutlich einfacher, als wir befürchtet hatten.

Nach dem vierten Tempel, vor dem Palastmuseum streiken wir. Wir haben ein kleines bisschen den Eindruck, dass unser junger Führer seine im Programm vorgesehenen Tempel so schnell wie möglich abhaken und dann – „Nachmittag zur freien Verfügung“ – heim zu Mami und Ingwertee möchte.

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Das mit dem freien Nachmittag gönnen wir ihm und uns gerne. Erstens erzählt er nicht mehr als die Informationen, die so auch im Reiseführer stehen und zweitens ist der letzte Punkt eh „watch sunset from holy Phousi Hill“. Das schaffen wir alleine (auch wenn sich herausstellt, dass wir das nicht tun werden). Trotzdem wollen wir nicht im Laufschritt durch die Stadt joggen. Das sieht er ein und meint, er kenne da – kleiner Umweg zum Bauernmarkt – ein Café, wo es den besten „echt laotischen“ Kaffee gibt. Was kommt, ist ein Kaffee, der im ersten Augenblick wie flüssiger Teer wirkt und eigentlich auf der Liste der Dopingmittel stehen sollte. Jedenfalls fühlen wir uns danach dem königlichen Palast gewachsen.

Danach zeigt er uns noch, was eigentlich geplant ist und entschuldigt sich dann.

Wir machen uns auf die Suche nach Stupas und Tempeln, halten an kleinen Garküchen. Einige der Tempel sind heute geschlossen, andere fordern uns etwas heraus mit dem Wechsel von asketisch-schön zu kitschig bunt.

Immer dazwischen, wie hineingetupft, die orangen Roben der Mönche. Meist heben sie eine Augenbraue, wenn wir sie ansprechen, aber den meisten ist es recht fotografiert zu werden.

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Um halb fünf kommen wir, schon etwas angemüdet an den Treppen, den sehr steilen Treppen zum Phousi-Berg vorbei. Das führt dann zwar zu ein paar Panorama-Fotos: viel Grün, viele Dächer, viel Mekong, ist aber Sundowner-mäßig eher unbefriedigend. Unseren Sonnenuntergang bekommen wir eine Stunde später am Mekong. Monsieur möchte über die Wackelbrücke auf die andere Seite, ich eher auf die Hotelterrasse, wo ich ihn dann beim Sonnenuntergangbeobachten beobachten kann.

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Gemeinsam nehmen wir noch einen After-Sundowner, bevor wir uns in das Getümmel des „night market“ stürzen.

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Bärentatzen für die Potenz

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Es gehe ihm besser, unserem Fahrer. Er müsse allerdings noch im Krankenhaus bleiben, bis der Verdacht auf Blinddarmentzündung abgeklärt sei, erzählt unser junger Führer heute Morgen. Um dann etwas heiser hinzufügen, ihm ginge es auch nicht richtig gut, Halsschmerzen, Husten, Schnupfen. Wir geben eine Runde Mitgefühl und Hustenbonbons aus. Unser Jüngster, selbst etwas erkältet, hat einen Vorrat dabei, der aber langsam zu Ende geht. Er freue sich schon so auf Luang Prabang, erklärt der Führer lutschend, da sei seine Mama und die würde ihm heißen Ingwertee kochen.

Der neue Fahrer fährt die alte Strecke, zumindest bis zur Kreuzung mit der L 13, aber er hat andere Stopps. Einer ist zu schlimm, ein Restaurant, bei dem auf der Theke große Glasgefäße stehen. Darin schwimmen – in hochprozentigem Schnaps eingelegt – Bärentatzen. Angeblich ist der Schnaps gut für die Potenz. Sicher nicht für die des Bären.

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Wir mögen da nicht bleiben und essen ein paar Orte weiter an Ständen auf dem Markt. Fleischspießchen, die uns sehr glaubhaft als Schwein verkauft werden oder Fisch, der ganz sicher keine Bambusratte ist, und adrett in Palmblätter eingewickelte Reispäckchen oder auf Holzkohle gegarte Süßkartoffeln. Den Nachtisch kaufen wir einer Bäuerin auf dem Markt ab. Wir zeigen auf ein Büschel Bananen, der Führer übersetzt und wir bezahlen. Die Bäuerin ist so perplex, dass wir ohne zu handeln ihren Preis akzeptiert haben, dass sie noch ein paar Bananen drauflegt. Die erste Banane stellt sich beim Öffnen doch als etwas lebhaft heraus, aber die anderen sind so köstlich, wie wir es erwartet haben.

Am späten Nachmittag kommen wir in Luang Prabang an. Vor dem Hotel kramt der Führer die Hotelgutscheine hervor und druckst dann ein bisschen herum: ob wir ihn zum Einchecken brauchen, ob er uns heute Abend zum Nachtmarkt begleiten soll, krächzt er heiser. Was er eigentlich wissen will: darf er nach Hause? Zu Mami und heißem Ingwertee? Wir verstehen.

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Kurz darauf sammeln wir in der Hotellobby die Pässe zusammen. Ich flüstere Monsieur zu, dass ich unbedingt ein Zimmer mit Badewanne will, koste es was es wolle. Mit Badewanne und sehr viel heißem Wasser, um die Nächte in Phonsavan vergessen zu machen. Bevor Monsieur nachfragen kann, steht die Rezeptionistin auf und holt den Manager. Der kommt mit ausgebreiteten Armen strahlend auf uns zu und meint, da wir für vier Nächte gebucht hätten, würde er uns gerne ein kleines Upgrade anbieten. Statt der reservierten Doppelzimmer die Privatvilla mit Indoor-Whirlpool. Ob uns das recht sei? Welch eine Frage!

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Nachdem wir uns auf die verschiedenen Häuser verteilt haben, geht die Familie getrennte Wege. Die Aktiveren steigen die steilen Treppen zum Phosy Hill und einem ersten Sundowner Blick über Luang Prabang hoch, die weniger Aktiven lassen sich genüsslich aufseufzend ins heiße Wasser gleiten.

Zum Abendessen treffen wir uns wieder auf der Terrasse des Hotelrestaurants. Das „Kitchen on the Mekong“ ist dann schon etwas anderes als die Restaurants der letzten Tage. Wir gehen ja gerne lokal essen und haben eigentlich vor nichts Angst. Aber nach ein paar Tagen mit zum Teil doch herausfordernden kulinarischen Entdeckungen (Ich sage nur Hühnerkopf-Ragout oder geröstete Froschhaut), ist es einfach schön, an weiß gedeckten Tischen zu sitzen und mit schwerem Besteck von Porzellantellern zu essen. Für die entsprechende Wärme sorgen Holzkohle-Becken zu unseren Füßen. Die Kellner sind hervorragend geschult und die französisch-laotische Küche ein sublimes Zusammenspiel der Aromen. Gut, die Preise sind dann auch eher europäisch als laotisch, aber immer noch günstiger als eine einfache Pizza in Genf.

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Nach dem Essen schlendern wir noch unter Papierlaternen am Mekong entlang. Bei unserer Rückkehr haben die Hausmädchen die Bettdecken zurückgeschlagen und jedem einen kleinen, aus Reisstroh geflochtenen Glücksbringer auf das Kopfkissen gelegt.

Monsieur und ich, wir grinsen uns nur an und wissen, was der andere denkt: Ja, doch, durchaus, da könnte ich mich dran gewöhnen…“

 

Die Ebene der Tonkrüge

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Die Ebene der Tonkrüge: für mich einer der mystischsten Orte dieser Erde, wobei die Tonkrüge weder aus Ton, noch Krüge sind. Selbst das mit der Ebene stimmt nur am „Plain of Jar Site I“. Mystisch ist es trotzdem.

Es gibt Plätze, die sprechen zu mir – selbst aus den Seiten eines Buchs. Ich weiß nicht mehr, wo ich über diesen Ort gelesen habe, aber es stand für mich sofort fest, dass das ein Teil unserer Laos-Reise sein wird.

Ebene der (Ton)krüge - Site 1 - Thong Hai Hin

Zwar steht in unserem Reisedokument nur der Besuch des „Jar Site I“ festgeschrieben, aber ich plane für heute von Anfang an II und III mit ein. Und das mit Muang Khoun auch.

Der Morgen ist so kalt wie befürchtet, Katzenwäsche eine großzügige Umschreibung, und dann stehen wir im Nebel am Eingang der Ebene und lassen die Magie auf uns wirken. Diese Ebene hat etwas absolut Außerweltliches, eine ganz unwirkliche Atmosphäre. Unser junger Führer ist im Augenblick mehr damit beschäftigt, herauszufinden, ob sein Handy genauso cool ist wie die unserer Kinder, aber das macht nichts. Das bisschen, was sie über die Ebene wissen, ist schnell erzählt. Die Archäologen behaupten, es sei eine Begräbnisstätte, die Laoten, dass Riesen in den Krügen Reiswhisky gebrannt hätten. Klingt mir plausibel.

Es ist wirklich ein ganz seltsames Erlebnis durch diese Ebene zu streifen. Die Krüge, die eher Urnen und aus Granit sind, liegen kreuz und quer, wie mit lockerer Hand dahingestreut. Manche liegen, manche stehen, andere sind in seltsamen Winkeln halb in der Vegetation versunken. Es ist keine Anordnung, kein Muster zu erkennen. All das spricht doch sehr dafür, dass die Riesen ihren frisch gebrauten Reiswhisky zu freizügig gekostet haben und dann über ihre leeren Krüge nach Hause gestolpert sind.

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Im Gegensatz zu den Riesen müssen wir sehr sorgfältig darauf achten, wohin wir unsere Füße setzen. Weiß bedeutet Sicherheit, rot Gefahr. Wenn man innerhalb der weißen Markierung der MAG (Mines Advisory Group) bleibt, ist der Fußpfad garantiert minen- und munitionsfrei, Zeugnis eines völkerrechtlichen Verbrechens unglaublichen Ausmaßes. Die Amerikaner haben auf diesen Grenzdistrikts Laos mehr Bomben geworfen als während des gesamten Zweiten Weltkrieges auf Deutschland fielen. Gestern, in der Bar des „Craters“ lernten wir ja schon das Wort UXO (unexploded ordenance) kennen und die seltsamen Blüten, die dieses Erbe treibt. Es gibt ganze Dörfer, die Munitionsreste zu Souvenirs verarbeiten, Lokale, die ihre Wände mit Waffen und Munition dekorieren.

 

Hier auf der Ebene der Tonkrüge weisen handgemalte Schilder auf Bombentrichter, Gräben und Höhlen als Unterschlupf und Schutzraum bei den Bombardierungen hin.

Wir kommen zum Parkplatz zurück und ich beschwatze den Führer uns zum Site II und III zu bringen. Der Fahrer macht ein etwas unglückliches Gesicht, aber da wir für den heutigen Tag nichts anderes geplant haben (denken sie zumindest bis jetzt noch), können sie nicht wirklich ablehnen.

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Ein bisschen hat er seine Hausaufgaben gemacht, unser Führer, er zeigt uns im Site II einen Weg in ein Wäldchen, der hochführt zu einem Punkt mit Aussicht über die Ebene. Wir achten sehr genau auf den Pfad und die rotweißen MAG-Marker, sehen aber immer wieder Einheimische rechts und links im Wäldchen Holz sammeln und junge Bäumchen abhacken. Das ist natürlich gefährlich und genauso natürlich innerhalb der Plain of Jars Zone verboten. Die Gefahr der Landminen ignorieren sie, dass sie etwas Verbotenes tun, wissen sie. Deshalb tun sie bei unserem Annähern so, als seien sie gar nicht da, versteckt hinter viel zu dünnen Stämmchen oder zu niedrigem Gebüsch. Vielleicht macht sie unser Führer nervös, der sein Handy in der Hand hält. Kaum sind wir vorbei, hören wir sofort wieder hinter uns das Geräusch der Axt und brechender Äste.

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Auf der Ebene gab es tatsächlich noch eine Handvoll Touristen, die mit uns durch die Wiese streiften, hier sind wir, was Touristen angeht, völlig allein. Die „Tonkrüge“ liegen in dem Wäldchen verstreut, Bäume sind um sie herum, durch sie hindurch gewachsen, es ist eine wahrlich verzauberte Stimmung.

Als wir zum Bus zurückkommen, ist jedem – außer unserem Führer vielleicht – klar, dass wir auch noch Site III sehen wollen, zu Fuß. Ich hatte da nämlich wieder etwas gelesen.  Unser Führer ist dann sehr erleichtert (vor allem wegen seiner schicken Schuhe), als wir ihm am Site II den Plan für den Fußweg zu Site III zeigen und ihn bitten, uns da in zwei Stunden abzuholen.

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Der Fußpfad, gut gekennzeichnet und mit den rotweißen MAG-Steinen eingegrenzt, führt uns durch ein wie aus der Zeit gefallenes Stück rurales Laos. Reisfelder, Wasserbüffel, wackelige Bambusstege über kleine Wasserkanäle, alles, was ich so als malerisch-kitschige Klischees im Kopf habe, hier ist es Realität.

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Eine Realität, die uns am Parkplatz von Site III hart wieder auf den Boden der Tatsachen holt. Unser Bus ist nicht da, dafür steht unser Führer neben einem anderen Kleinbus. Alle schauen etwas bedrückt. Unser Fahrer habe so mit Magenkrämpfen zu kämpfen gehabt, dass er sich selbst(!) in die nächste Klinik gefahren habe. Unser Führer verspricht uns, ihn heute Abend zu besuchen und ihm unsere besten Wünsche (und einen Umschlag) zu bringen. Da stehen wir nun, es ist früh am Nachmittag, die Rückkehr ins Hotel nicht wirklich eine verlockende Aussicht und ich starte meine letzte Offensive für heute: Muang Khoun.

Wat Phia Wat

Muang Khoun war der Verwaltungssitz der Provinz und wurde von den Amerikanern in Schutt und Asche gebombt, völkerrechtlich völlig unentschuldbar, von den Amerikanern damals wahrscheinlich als „collateral“ gesehen. Ein Mahnmal gegen den Krieg ist der zerbombte Tempel der Provinzhauptstadt: zwischen den letzten verbliebenen Säulen sitzt ein schwarz verbrannter Buddha.

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Ich will das unbedingt sehen, obwohl es nicht in unserem Reiseverlauf aufgeführt ist. Unser Führer versucht „von oben“ die Erlaubnis für diesen Abstecher zu bekommen, aber es ist Sonntag und es geht niemand ans Telefon. Der neue Fahrer ist eifrig und sieht kein Problem. Nach längeren Diskussionen gibt unser Führer nach und fährt mit uns die 30 km nach Muang Khoun. Auf dem Weg wirft der Fahrer ein, sein Schwager hätte hier an der Straße ein Restaurant und uns fällt auf, dass das Frühstück schon sehr lange her ist. Er stellt uns dann seiner Familie vor, die Freunde herbeiruft, die wiederum… Es ist eine sehr lustige Mittagspause. Allerdings muss ich Hühnerkopfsuppe nicht unbedingt noch einmal haben.

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Der schwarze Buddha ist sehr eindrücklich. Die daneben gelegene, sehr viel ältere Stupa auf ihre Art auch.

Wir sind noch nicht richtig auf dem Rückweg zum Hotel, als der Führer einen Anruf bekommt: weshalb er vom vorgegebenen Weg abgewichen wäre. Wir wissen nicht, wie sie uns kontrolliert haben, aber offensichtlich wissen sie – wer auch immer das sein mag – immer ganz genau, wo wir gerade sind. Irgendwann reicht der Führer das Telefon nach hinten und wir können wem auch immer klar machen, dass Fahrer und Führer keine Schuld trifft bei so durchsetzungsfreudigen Kunden. Durchsetzungsfreudig war übrigens der Begriff, den ein Kollege mir gegenüber einmal gebraucht hat, weil er meinte, „stur“ klinge zu unfreundlich…

Im Hotel angekommen, halten uns die Damen an der Rezeption auf, mit einem strahlenden Lächeln präsentieren sie uns drei Heizöfchen, made in China, für die nächste Nacht. Wie „eco friendly“ die sind, will ich gar nicht wissen. Es stellt sich heraus: zuerst: sehr. Denn der dreinasige chinesische Stecker passt nicht in die laotische Steckdose. Diesmal muss es der Chef richten. Mit einer Zange bricht er kurzer Hand den dritten Kontakt ab – und siehe da: das Öfchen läuft. (Wir verraten ihm am nächsten Morgen allerdings nicht, dass wir die Öfchen während der Nacht ausgesteckt haben. Lieber ein bisschen kalt als ein Feuer…)

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Kleiner Nachtrag: Ich weiß, dass meine Familie mich liebt. Aber, dass gleich drei Fotografen glauben, mir mit dem Spinnenbild eine Freude machen zu müssen, finde ich doch ein bisschen übertrieben.

Ein etwas spezieller Silvesterabend

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Für die nächsten Tage, bis Luang Prabang, haben wir einen neuen Führer. Er ist sehr jung, begeisterungsfähig und nett. Nur mit dem Wissen, da hapert es ein bisschen. Für Luang Prabang, da hat er sich etwas angelernt für die Tempel und Paläste, aber der Gesamtüberblick – das ist schwierig. Vietnamkrieg – hm ja, schon mal gehört, aber was genau… Frankreich, Indochina – ja, doch, da war was…

Gestern Abend sagte der Führer für Vang Vieng zum Abschied, wie gerne er uns weiter begleitet hätte, wie schade es sei, wie leid es ihm täte, nicht nach Luang Prabang mitkommen zu können. Er ist ein ruhiger, gebildeter Mann, mit dem wir uns gut verstanden haben und wir werden in den nächsten Tagen öfters seine Meinung teilen.

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Aber wir sind bis jetzt noch mit jedem „guide“ zurechtgekommen und die Fahrt ist recht kurzweilig, was mit am Fahrer liegt. Der soll uns eigentlich auch bis Luang Prabang begleiten, das scheitert aber in ziemlich dramatischer Weise. Dafür ist er heute derjenige, der uns „die anstrengendste Straße Südostasiens“ – als kleiner Hinweis: wir brauchen für 240 km acht Stunden – touristisch aufdröselt. Er kennt seine Strecke und seine Kunden. „Scenic spot ahead, photo stop?“ ist sein Leitmotiv, nachdem wir uns vom Schreck der Tigerjagd erholt haben. Als er uns das zum ersten Mal fragt, wissen wir nämlich noch nicht, dass bei solchen Pausen die Herren links ins Gebüsch „den Tiger jagen“, während die Damen rechts „Pilze sammeln“ gehen. Natürlich könnten wir Frauen uns jetzt über die Diskriminierung aufregen, machen wir aber nicht, wir genießen lieber die tolle Aussicht, ohne Tiger oder Pilze. Er weiß, wo wir für schöne Fotos halten können, welche malerischen Dörfer gerne von Touristen angefahren und deshalb inzwischen auch gerne wieder gemieden werden. Wir verstehen das, als uns beim Aussteigen eine Horde Kinder umdrängt, die uns „selbstgestickte“ ethnische Souvenirs verkaufen wollen, an denen noch der „Made in China“ – Sticker klebt.

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Das mit den Tigern und Pilzen heben wir uns auf für die Kreuzung, an der wir die Landstraße 13 nach Luang Prabang verlassen, um auf die Landstraße 7, siehe oben, nach Phonsavan abzubiegen. Dort steht nämlich ein Restaurant, dessen Sanitäranlagen sich der schönsten Aussicht (für eben solche) in Laos rühmen. Können wir jetzt abhaken.

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Dafür stehen Fahrer und Führer flüsternd Seite an Seite, die Köpfe verschwörerisch zusammengesteckt. Es stellt sich heraus, dass unser Reiseplaner dieses Touristenlokal für unser Mittagessen vorgesehen hat, unser Fahrer aber der Meinung sei, das Essen hier sei zu teuer und schlecht, ob wir nicht lieber… Nun sind Panorama-WCs eine feine Sache, aber nicht wirklich unser Ziel, wenn wir reisen.

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Weshalb wir kurz darauf in einer kleinen Stadt halten, wo gerade Markt ist. Auf diesem lokalen Markt werden wir mit der Fotografier-Etikette bekannt gemacht. Hier kommt die Vorgeschichte: vor ein paar Jahre wurde in Laos eine bis dahin der Wissenschaft völlig unbekannte neue Säugetierart entdeckt. Von einem Fotografen auf einem Marktstand, tot. Es gab natürlich einen Aufschrei und für Laos war das Ganze ziemlich peinlich. Zeigte es doch, dass man der Bevölkerung das Konzept einer schützenswerten Natur nicht hatte vermitteln können und diese tradtionell weiter an der Wilderei hing, auch in Naturparks und Schutzzonen. Wie gesagt, ein gewisser Gesichtsverlust für die Regierung, weshalb sie mit großer Strenge durchgriff und die Bauern hart unter Druck setzte. Als Konsequenz hörten die natürlich nicht mit dem Wildern auf, sie stellen nur jetzt auf den Märkten Aufpasser ab, die darauf achten, dass die Touristen die ausgestellten Tiere nicht fotografieren. So kommen wir an Bambuskäfigen mit tobenden und fauchenden Tieren vorbei, die man ganz offensichtlich fangen, töten und essen, aber nicht fotografieren darf.

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Auf der anderen Straßenseite ist ein kleines Restaurant. Unser Führer zeigt auf Wasserkrug und Handwaschbecken vor der Tür, das seien Qualitätsmerkmale. Restaurants, die ihren Kunden das zur Verfügung stellen, hätten gewisse Standards, Anforderungen an sich und die Kunden. Wir lassen uns dann aber trotzdem bei jedem Fleischspieß ganz genau erklären, um was es sich handelt. Bambusratte wäre nämlich nicht so meine erste Wahl. Natürlich müssen wir dafür unseren beiden Begleitern vertrauen, aber das ist halt so.

Die Straße wird zum Garten. Laos ist ein Land voller Berge. Steile, zerklüftete Berge. Deshalb wird jedes noch so kleine Stückchen flaches Land bebaut, und wenn es nur der Randstreifen der Straße ist, auf dem ein paar Salate gezogen werden. Die Straße entlang begleitet uns die Stromleitung. Dort, wo ein Mast in den Boden gesenkt wurde, springen fast immer drei, vier Hmong-Hütten auf. Elektrizität – wie auch immer – haben sie und ein „Rankhilfe“ für Bittergurken auch.

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Wir sind ziemlich gerädert, als wir in unserem Hotel in der Nähe von Phonsavan ankommen. Es ist das erste Hotel am Ort, was wenig über das Hotel, aber viel über Phonsavan aussagt. Außerdem ist es ein selbsterklärtes „eco friendly“ Hotel, was für uns erstmal bedeutet: keine Klimaanlage bzw. keine Heizung. Bisschen ungeschickt, bei Nachttemperaturen um null Grad, ist auch, dass es in den Badezimmerfenstern Moskitonetze statt Glas gibt. Sieht nach Katzenwäsche aus morgen.

Aber Morgen ist weit und heute ist der 31.Dezember. Fahrer und Führer sind längst weg, ein Blick in den leeren Speisesaal unseres Hotels ist nicht so richtig motivierend, aber das Hotel bietet einen Shuttle-Service an. Fröstelnd lassen wir uns in die Stadt bringen, schließlich ist Silvester und irgendwo wird schon irgendwas los sein. Nachdem wir mehrere Bars mit betrunken Karaoke-grölenden Reisegruppen weiträumig umgangen haben, dämmert es uns, dass hier irgendwie nicht das für uns Richtige los ist. Ok, auch kein Problem, denken wir, gehen wir schön essen, das genügt uns.

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Die Alternativen aus unserem Laosführer klingen auf Papier aber alle deutlich attraktiver als sie in der Realität aussehen. Restaurants in Phonsavan sind eher ein offener Raum, eine Art offene Garage, in die ein paar Tische gestellt werden, wie gesagt, ohne Tür, über die ganze Breite zur Straße hin offen. Zu dumm, dass wir unsere Daunenjacken in Europa gelassen hatten. Selbst an dem Tisch, der am weitesten weg von der offenen Seite ist – meine Familie kennt mich ja schon etwas länger – friere ich ganz erbärmlich. Dafür ist das Essen sehr gut. Scharf-würzig heizt es außerdem ganz nett ein. Deshalb verstehe ich so gar nicht die englische Familie am Nachbartisch, die bei jeder Bestellung fast panisch betont: No spices, please, no spices, just salt and pepper.

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Wir sind sehr zufrieden mit dem Essen, aber es ist einfach zu ungemütlich-kalt, um bei einem Getränk noch länger sitzen zu bleiben. Eine kleine gemütliche Bar, das wäre doch genau das richtige, um ins nächste Jahr zu gleiten. Tatsächlich finden wir auch eine Bar – mit richtigen Fenstern und Türen, die sich schließen lassen, aber auch dort hält es uns nicht lange. Der ganze Raum ist dekoriert mit Granaten, Munition, Tretminen und aus deren Resten hergestellten „Kunstobjekten“. Alles natürlich käuflich zu erwerben. Ich weiß nicht, was mich mehr belastet: dass Menschen Leib und Leben und ihre körperliche Unversehrtheit aufs Spiel setzen, um diese teils hochexplosiven Munitionsreste zu bergen. Oder dass es tatsächlich Menschen gibt, die sich so etwas als Souvenir kaufen. Alles in allem nicht der Rahmen, in dem wir unbeschwert feiern möchten und wir verlassen etwas bedrückt die Bar.

Dafür ist unsere Tanzeinlage vor der Disco, deren Musik und Kunden auf die Straße quellen, ein bisschen albern. Aber da kommt auch schon das bestellte Shuttle-Taxi vom Hotel.

So endet unser Silvester 2013 lange vor Mitternacht.

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Fast. Denn irgendwann in der Nacht ist es mir wirklich zu kalt, trotz Monsieurs großzügiger Nähe.  Ich ziehe mich völlig durchfroren wieder an und gehe zur Rezeption, um weitere Decken zu organisieren. Erstaunlicherweise ist die Rezeption besetzt. Nur entsprechen die Englischkenntnisse der Rezeptionistin in etwa meinen Laotisch-Kenntnissen. Also Rückgriff auf internationale Gebärdensprache: Ich schlinge mir die Arme um die Schultern und deute heftig zitternd frieren an. Die junge Dame betrachtet mich lange, steht dann auf, geht zu einem Schrank und kommt mit ihrem Mantel wieder, den sie mir freundlich lächelnd um die Schultern legt. Diese liebevolle Geste überwältigt mich erstmal und frustriert mich dann, führt sie doch nicht wirklich zur Lösung des Problems. Also gebe ich die Jacke mit vielen Verbeugungen und Thank you’s zurück. Sie ruft die Chefin aus dem Hinterzimmer, der das Problem – und die Nicht-Lösung – geschildert werden. Diese Dame schaut etwas kritisch, geht zum selben Schrank und kommt mit einer Pelzjacke zurück, die sie mir deutlich zögerlicher überreicht. Ich bin nach wie vor gleichermaßen gerührt wie frustriert, als eine dritte junge Dame dazukommt. Diese spricht zwar auch kein English, hat aber die geniale Idee, im Computer nachzuschauen, wie das wohl auf Laotisch heißt, was die Fremde da von sich gibt.

Und dann löst sich die gesamte Situation in Gelächter auf, Schlüsselbünde werden geholt, Zimmer im fast leeren Hotel geöffnet und ich kehre mit Armen voller Bettdecken zu Monsieur zurück. Wo ich glücklich und zufrieden ins Jahr 2014 schlafe, einem Neujahrsmorgen entgegen, an dem wir endlich das sehen werden , weshalb wir die Fahrt nach Phonsavan auf uns genommen haben.

 

 

Vang Vieng

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Morgens um halb sieben kommt der Anruf, dass mein Koffer da sei, zwei Stunden vor der Abfahrt in den Norden. Das nenne ich Timing. Wird noch ein bisschen knapp mit dem Bringen, aber unser Auto verspätet sich auch. Wir können nicht ganz herausfinden, ob der Führer vergebens auf den Fahrer gewartet hat oder der Fahrer auf den Führer, jedenfalls kommen wir dann los mit allen Menschen und Gepäckstücken an Bord.

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Erstes Ziel, eine knappe halbe Stunde Fahrt entfernt, ist eine Kaserne der Elefantenkavallerie eines mittelalterlichen Königs. Davon ist nichts mehr zu sehen, nur zwei sehr stimmungsvolle Heiligtümer, einmal fünf kleines Buddhas unter einem Felsüberhang, einmal zwei große. Die fünf hat es sprichwörtlich auseinandergerissen, als ein Erdbeben den Felsen spaltete.

Vang Xang 10.-13. Jh.

 

Die weitere Fahrt nach Vang Vieng ist wenig spektakulär, der Ort und seine gebirgige Umgebung dafür umso mehr. Vang Vieng ist berühmt für seinen Fluss, seine Karstberge und seine Höhlen. Vang Vieng war berüchtigt für seine Drogentoten. In den 1990ern sprach sich unter der Backpacker-Szene schnell herum, dass man in Vang Vieng für wenig Geld viel Spaß haben kann. Dieser Spaß bestand darin, sich auf riesigen Reifenschläuchen den Fluss hinunter und über die Stromschnellen treiben zu lassen Dabei sorgten schwimmende Bars rechts und links für Nachschub an bewusstseinserweiternden Substanzen – und ich rede hier nicht von Literatur.

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Nachdem sich die drogeninduzierten Un- bzw. Todesfälle häuften, wurde hart durchgegriffen und man bekommt heutzutage nur noch Alkohol, angeblich. Die ersten, die uns bei einer Teepause ansprechen, sind zwei völlig zugekiffte britische Frauen. Sie sind so inkohärent, dass wir noch nicht mal herausfinden können, ob sie denn nun kaufen oder verkaufen wollen.

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Der Rest von Vang Vieng ist Ende Dezember so verschlafen, dass wir den Ort ignorieren und den ersten Abend im Hotel verbringen. Die blaue Stunde auf der Terrasse direkt über dem Nam Song ist einfach zu schön.

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Aber vor dem Sundowner kommt die Kultur, hier in Form von verschiedenen Höhlen. Höhlen, das läuft ja eher unter Natur, aber diese hier sind zu Tempeln umgebaut. Oder zu Zeugnissen der Unkultur des Krieges, denn sie dienten während der Bombardierungen als Schlaf- und Schutzhöhlen.

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Zur Haupthöhle führt ein breiter Weg hinauf, auf dem ich gelegentlich etwas abgelenkt werde durch die handtellergroßen Spinnen, die ihre Netze rechts und links des Pfades spannen. Sie halten ihre Beine so zusammen, dass man nur ein Kreuz, aus vier Beinen, sieht. Netter Versuch, aber mich täuschen sie nicht, die Achtbeinigen! Einmal in der Höhle drin, gibt es sogar einen Raum mit schönem Blick auf den Fluss und die Brücke neben dem Hotel.

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Diese schwankende Brücke ist übrigens kostenpflichtig, 20 Cents, pro Richtung. Wir haben mit unserer Neugier natürlich die lokale Ökonomie unterstützt. Wem das zu teuer oder wessen Auto zu groß ist, prescht durch die Furt und bietet uns später beim Sundowner spannende Wettmöglichkeiten.

Am nächsten Morgen geht es in die Höhlen der Karst-Berge. Zuerst zu Fuß durch die Dörfer am Fuß der Berge. Die Bergvölker leben dort ohne Strom und Trinkwasser, das Brauchwasser kommt über Kanäle direkt aus den Bergen, Trinkwasser wird in Gallonen dazu gekauft.

Mir sind solche Aktionen immer etwas suspekt, da ich meist das Gefühl habe, zu nehmen, ohne etwas dafür zu geben. Allerdings muss ich hier sagen, dass es in diesem Dorf nicht klar ist, ob der Führer uns das Dorf oder dem Dorf seine „Falangs“ zeigt.

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Jedenfalls herrscht von Hmong-Seite genauso reges Interesse an großen rotblonden Fremden wie von unserer Seite an aus gewobenen Bambusmatten gebauten Hütten.

 

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Ziel und Höhepunkt sind verschiedene Höhlen. Die ersten zwei sind nicht erschlossen und das handgeschriebene Schild ein sehr schöner Versuch, die lokale Tourismusindustrie in die Gänge zu bekommen. Wir können nach Herzenslust mit Stirnlampen Entdecker spielen.

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Wenn der Führer ein bisschen Geschäftsgeist besessen hätte, hätte er nach einer Stunde sein Trinkgeld ausgehandelt – im Dunkeln. Die dritte Höhle ist dann eine echte Touristenfalle: eine Wasserhöhle, durch die man sich, flach auf einem Reifen liegend, an einem Seil durchziehen soll. Zwei Busladungen Koreaner stehen vor uns an – mit Schwimmweste und Helm ausgestattet. Da die Lufttemperatur knapp über 15° ist, habe ich auf den Spaß verzichtet. Unsere Großen halten die Ehre der Familie aufrecht – und finden es enttäuschend.

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Das Essen ist auch nicht so recht überzeugend. Wir erhalten wenigstens einen Teller mit Reis und Gemüse, für die Koreaner werden fertig abgepackte Plastikschalen hingestellt. Natürlich haben wir keine Ahnung, ob das so von den Gästen oder vom Restaurant gewünscht ist.

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So oder so brechen wir gerne auf, um den spitzen Karstkegel von Ban Tham Xang zu erforschen. Tief im Inneren der Höhle ist ein riesiger Fußabdruck Buddhas, umringt von naiven Figuren. Gläubige beten umgeben von Meerjungfrauen und seltsamen Vogelwesen, bewacht von einem Elefanten. Im Internet hatte ich die Figuren gesehen, naiv-charmant-verblasst. Wir kommen offensichtlich nach soeben frisch abgeschlossener „Renovation“. Nun ja.

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Ein äußerst wackeliger Holzsteg bringt uns danach auf die andere Flussseite, wo unser „Taxi“ auf uns wartet und uns zu einem weiteren blauen Abend ins Hotel bringt.

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Morgen geht es weiter nach Phonsavan, auf – laut Reisebüro – one of the roughest routes in Asia. Das macht doch neugierig.