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Betreten auf eigene Gefahr

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Jedes Jahr warten wir gespannt auf die Weihnachtsdeko eines Gartencenters bei Nyon.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Das ist weder unser Stil, noch mein Geschmack, trotzdem muss ich es gesehen haben. Wenn ich dann peinlicherweise eine Bekannte treffe in dieser überbordenden Ode an die Weihnachtsdekoration, geben wir jeder genau diese Töne von uns: gar nicht mein Stil, viel zu viel, eigentlich völlig „over the top“. Dann schaue ich mich noch rasch um, ob – vielmehr: dass – besagte Bekannte um die Ecke verschwunden ist, bevor ich nach dem kleinen Dingens da greife, eigentlich ganz niedlich, überhaupt nicht mein Stil, aber so putzig.

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Dieses Jahr kann ich nicht nach dem „Ooch, schau mal, überhaupt nicht mein Stil, aber…“ greifen, weil ich den Fotoapparat in der Hand halte. „Zirkus“ ist das Motto, „Hereinspaziert, hereinspaziert!“ die Aufforderung, der ich gerne folge.

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Betreten allerdings auf eigene Gefahr.

Es droht der Deko-Kollaps, der Weihnachtskoller, der Blinkinfarkt…

Und nein, ich will jetzt und hier nicht diskutieren, was das alles eigentlich noch mit dem tieferen Sinn von Weihnachten zu tun hat. Ich will auch nicht abwägen, welche Belastungen der Umwelt Produktion, Transport und Entsorgung dieser Konsumgüter mit sich bringen.

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Ich will mich nur daran freuen, was ich alles nicht brauche.

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Komisch, an der Kasse sind in meinem Korb irgendwie das eine oder andere zu finden.

Also, das muss jemand anderes da hineingelegt haben…

 

London ist ein Mädchen

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Autokorrekt ist ja der Fluch unserer Zeit. Allerdings braucht es nicht immer einen Computer „to mess things up“. In diesem Fall sehe ich ihn direkt vor mir, den Vertreter der 50er Jahre, wie er die Bestellung des Bürgermeisters entgegen nimmt und sehr sorgfältig, Zungenspitze im Mundwinkel, mitbuchstabiert: rue – de – la – London. Und so kommt es, dass London in unserer Ecke Frankreichs ein Mädchen ist.

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Die Rue de la London führt zur source de l’Allondon, der Quelle der Allondon, unserem Lieblingsabenteuerspielplatz. Zu allen Jahreszeiten, wenn auch nicht zu jedem Wetter. Im Sommer mit Badesachen, im Winter eher nicht. Im Frühling dann die ersten Jahren mit mehren Sätzen Wechselwäsche, weil es meist keine Viertelstunde dauerte, bis das erste Kind zumindest vollgelaufene Gummistiefel hatte.

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In den ersten Jahren konnte man nach Regenfällen nie sicher sein, dass und wie man in das Tal einsteigen konnte, der Bach liebte es, Wegstücke und Brücken mitzunehmen auf seinem Trip zum Genfer See. Wobei „Brücke“ hier die falschen Bilder erweckt. Anfangs waren es zwei Betonstrommasten, nebeneinander über das Flüsschen gelegt, später folgten Holzstege. Die waren optisch sicherlich schöner, fielen aber regelmäßig dem natürlichen Verwitterungsprozess zum Opfer.

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Die Allondon bietet das volle Abenteuerprogramm: spielen am Bachufer, inklusive des Momentes, wo ein Kind dann etwas über Schwerkraft und Schwerpunkt bzw. die plötzliche Verlagerung des selben lernt, Staudamm bauen, planschen im Wasser. Wald zum Holzsuchen, Feuerstellen zum Grillen und alte Mühlenruinen zum Klettern und forschen. Sogar meine Archäologenseele findet ihr Glück, als wir einen Nachmittag lang im Ufersand Scherben einer großen Schüssel ausgraben. Weiter oben gibt es dann die Quelle, im Sommer ein kleines Loch in einem Bergkessel. Die Müller des 19. Jahrhunderts haben das Rund mit einer Mauer abgesperrt, so dass ein großer Mühlenteich entstand, von dem der Mühlenkanal abgeht. Die Zeit und die ungeheure Macht der Spätwinter-Allondon haben die Mauer stellenweise zerschlagen, so dass sich das Wasser in der Mitte der Mauer einen schäumenden Weg in das darunter liegende Flussbett sucht. Idealer Badeplatz für abenteuerlustige Kinder.

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Besonders spektakulär ist die Allondon nach heftigen Regenfällen oder wenn oberhalb auf dem Jura der Schnee schmilzt. Beides Bedingungen, die zum Jahreswechsel 17/18 gegeben sind.

So beschließen wir, unsern Kater spazieren zu führen und das Neue Jahr feuchtfröhlich zu begrüßen.

Und bringen Euch ein paar Bilder mit.

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Frieden auf Erden

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den Menschen, die guten Willens sind.

Diesen Nachsatz finde ich so unheimlich tröstlich. Guten Willens bin ich nämlich meistens, auch wenn mir gelegentlich der Verdacht kommt, dass mein guter Wille vielleicht nicht gut genug oder schlichtweg nicht genug genug ist. Meist, wenn mein Lästerwille sich heimlich aus dem Hinterhalt anschleicht. Andrerseits ist das mit dem Lästern – bei allem guten Willen – oft einfach nur Notwehr.

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Ich fahre von den Weihnachtseinkäufen nach Hause, die Hauptverkehrswege sind verstopft, also geht es über die Dörfer am Jurarand. Dort werde ich plötzlich geblendet, verwirrt, abgelenkt durch ein Lichterspektakel.

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Zwei Nachbarn im Deko-Rausch, wahrscheinlich auch noch mit starkem Konkurrenzdenken, machen die Nacht zum Tage. Ich bin viel zu schnell vorbei und drehe am nächsten Kreisel eine Ehrenrunde, um mich zurückfahrend selbst zu überzeugen, dass ich da nicht einer weihnachtlichen Fata Morgana erlegen bin. Nein, es blinkt, es strahlt, es glitzert, eine wahre LED-Orgie. Wieder bin ich trotz Schritttempo viel zu schnell vorbei und dann bemerke ich etwas für Frankreich eigentlich Unvorstellbares: es kommt kein Kreisel. In einem Land, das den Kreisel zum Selbstzweck erhoben hat, fahre ich auf der engen Dorfstraße geradeaus ohne eine Möglichkeit zu wenden. Das Nachbardorf kommt und plötzlich ist da kein Gedanke mehr an umdrehen, denn rechts steht ein Haus im LED-Rausch.

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Ein paar Meter weiter hat jemand eine Rentier-Anflug-Pisten-Beleuchtung in seinen Garten gelegt. Der übernächste frönt dem Ansatz „Mehr ist mehr“. Ich taste mich von Deko zu Deko, bis ich am Ortsende vor der schwarzen Wand des Jurawaldes stehe und meine Augen sich erholen können.

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Auf dem Rückweg muss ich mir eingestehen, dass ich mich nicht getäuscht und mir alles nur eingebildet habe. Auch die exquisite Weihnachtsszene mit Nikolaus und Nikolöse (oder heißt das jetzt Nikolörin?) nicht, liebevoll gestaltet in einem Vorgarten der Nachbarschaft. Der bärtige Stalker im Hintergrund ist aber schon ein bisschen gruselig, oder?

Die Krippe, die macht mir richtig Angst, die hat schon viel von Stephen King.

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Zuhause angekommen, schildere ich das Gesehene. Da muss ich noch einmal losfahren, denn die Familie glaubt mir nicht und will das alles mit eigenen Augen sehen.

So geschehen vor ein paar Jahren. Und seither jedes Jahr wiederholt.

 

In diesem Sinne wünsche ich Euch ein frohes Weihnachtsfest und für 2018 Frieden auf Erden und ganz viel guten Willen.

Aber ein bisschen Lästern darf auch sein.

 

 

Ihr Vögelein kommet

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Vor Jahren, als unsere Kinder noch sehr klein waren, haben wir die Tradition des Tiere-Bescherens erdacht. Ein Elternteil packt am Heilig-Abend-Nachmittag vier Kinder winterlich warm ein, schnappt sich eine Tüte mit Äpfeln, Karotten, Nüssen und Sonnenblumenkernen und zieht los in den Wald. Auf der von unseren Kindern so getauften „Häschen-in-der-Grube-Wiese“ werden Karotten und Äpfel ausgelegt, auf der dito Frederiks-Wiese Nüsse und Kerne in der Bruchsteinmauer versteckt. Wenn es dunkelt, kommen vier vergnügte und gut gelüftete Kinder nach Hause, wo der andere Elternteil letzte Hand an die Weihnachtsvorbereitung oder schlichtweg mal die Beine hoch gelegt hat.

Inzwischen sind es meist unsere erwachsenen Kinder, die uns am Heilig-Abend-Nachmittag aus der gemütlich-warmen Stube in den Wald locken mit der Tradition des Tiere-Bescherens.

Das Bescheren der Vögel wird deshalb auf die Terrasse verlegt, viel gemütlicher, user friendly und so. Die Pergola wird mit Tannenzweigen und diese mit Christbaumkugeln, Meisenknödeln und Äpfeln geschmückt, dazwischen wird das Vogelhäuschen gehängt. Dann heißt es: Ihr Kinderlein Vögelein kommet.

Sie kommen, in Scharen:

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Der jurassische Kaltfußfink, der nach drei trippelnden Schritten im Schnee einen Fuß zum Wärmen hoch zieht ins Bauchgefieder.

Der Specht, der sich etwas schwer tut.

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Der Kleiber, der erstmal seinen üblichen Ansatz, Kopf nach unten, ausprobiert und dann ein bisschen herumturnen muss, bis er, Kopf nach oben, vor der Futteröffnung sitzt.

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Die Meisenschar, die uns die Identifikation schwer macht. Ist das nun eine Punk-Meise, eine versumpfte Weidenmeise oder was?

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Die Distelfinken in Banden von zehn, zwölf Vögeln, die vor lauter Streiten und Zanken fast nicht zum Fressen kommen.

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Unten am Boden die eine oder andere schwerfällige Amsel, die in den Resten herumpickt.

Das ist schon ein faszinierendes Schauspiel, das sich vor unserer Terrassentür abspielt. Drinnen ist das Schauspiel auch nicht schlecht. Vor der Tür sitzt die Katze, im Jagdfieber, und maunzt mit den Vögeln, sie sollten doch mal näher kommen, noch ein bisschen näher kommen, nur ein kleines bisschen mehr.

Und dahinter, gleiches Jagdfieber, gleiche Bitte, Monsieur mit der Kamera.

Genevalux, Lichterfestival in Genf

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LES LANTERNES PHYSALIS – L’AMOUR EN CAGE,  Gaspard Lautrey:
Lichtblüten, die sich langsam öffnen und wieder schliessen

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HIVERNALES NEPENTHES Sophie Guyot

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Keine „Kunst“, „nur“ städtische Weihnachtsdeko

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Place de Molard mit Leuchtsteinen

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Mein Liebling: LES VOYAGEURS Cédric Le Borgne

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Reisende, die um  oder über den Place de Bel Air schwebenlux8lux9

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Die 70er-Jahre-Passerelle im Look der 1850er  verkleidet

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POESIE D’ORIENT, LUMIERE D’OCCIDENT Sébastien Lefèvre
Eine Installation auf der Ile de Rousseau

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und ihr Spiegelbild…

White Christmas (Parmelan, 1832m)

 

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Das Problem: da muss man hoch!

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Gut, es gibt Hilfestellungen, aber trotzdem

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Dafür ist die Belohnung umwerfend.

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Der Abstieg über das Lappidaz bietet viel Spass, bresonders, wenn der Schnee die gelben Wegpunkte bedeckt.

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Dafür ist die Aussicht einfach …

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schwindelerregend.

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Manche haben es einfacher, diese Höhen zu ersteigen.

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Der Sonnenuntergang ist fantastisch, aber letztendlich ist man doch sehr froh, …

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wenn man wieder am Auto ist.

Noch eine kleine Weihnachtsgeschichte

 

In unserem Garten ist ein ziemlich großer Teich.

Der wird fleißig und vielfältig genutzt.

Von den Kindern zum Baden oder Eishockey spielen, je nach Jahreszeit.

Vom Reiher und der Katze (zu unterschiedlichen Zeiten) zum Frühstücken.

Von Fischen und Fröschen zum naja fröscheln und so

Von mir zum still auf der Bank sitzen und sich freuen.

Mein Glück wäre allerdings noch größer, gäbe es Flusskrebse in diesem Teich. Das war immer schon ein Traum von mir. Nun kann man diese Krebse innerhalb Deutschlands einfach bestellen, sie werden aber aus verständlichen Gründen nicht auf die lange Reise nach Frankreich geschickt.

In Frankreich ist es dagegen strengstens verboten, lebende Flusskrebse zu transportieren, was mehrere praktische und genusstechnische Fragen aufwirft.

Jeder bessere Supermarkt hat an Weihnachten auf seiner Fischtheke Flusskrebse, lebendig.

Die guten französischen Hausfrauen kaufen sie kiloweise, werfen sie zuhause in den Topf und richten sie dann auf der Weihnachtstafel festlich an. Wie sie die lebenden Tiere vom Supermarkt nach Hause bekommen, da der Transport ja illegal ist, bleibt wohl ein Mysterium.

Ich stand also am Heilig Abend an der Fischtheke und schaute mir die Krebse an, deren Schicksal nur zu gewiss war. Schließlich suchte ich sechs Exemplare aus, vier Weibchen, zwei Männchen, alles Kerlchen, die kräftig und munter aussahen.

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Zuhause setzte ich sie ins Waschbecken und rief die Kinder. Den Kindern war mein Plan sofort klar und ein jedes adoptierte einen Krebs. Das mit dem Freilassen war dann doch etwas schwieriger, weil der Teich mit einer 10 cm dicken Eisschicht bedeckt war. Also holte Monsieur den Pickel und schlug ein Loch in die Eisdecke. Wir setzten unsere Krebse auf das Eis und erwarteten, dass sie sich entzückt – Freiheit! Freiheit – ins Wasser stürzen würden. Sie waren doch sehr zögerlich, ihre vielen Beinchen ins kalte Wasser zu setzen. Die Kinder schubsten sie dann sachte bis ganz an den Rand und endlich verstanden sie.

Krebse1Die Krebse versanken im Wasser und wir standen noch ein bisschen um das Eisloch herum, aneinander gekuschelt, in gerührt-sentimentaler Stimmung, weil wir doch am Heilig Abend anderen eine Freude gemacht hatten. (Auch wenn da im Hinterkopf der ein oder andere Zweifel auftauchte, wie sehr sich die Krebse wohl wirklich gefreut haben.)

Plötzlich hörten wir Schritte auf dem Eis hinter uns. Unsere Nachbarn und Freunde kamen zu uns herüber: „Wir haben jetzt seit einer halben Stunde zugeschaut, wie ihr da auf dem Eis steht. Fotos haben wir auch gemacht. Aber jetzt sagt uns bitte: was um alles in der Welt macht ihr hier?“