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Für den Lieblingsenkel

Heute Morgen haben wir viel Zeit. Fürs Frühstücken, Packen, Schlendern, für alles Mögliche, nur eben nicht für das, was ich für heute Morgen angeplant hatte: Das sehr kleine Museum in der Sansevero Kapelle mit seinen Kunstschätzen, die von exquisit bis bizarr rangieren. Gestern Abend habe ich noch schnell die Öffnungszeiten nachgeschaut und herausgefunden, dass wir unsere Tickets vor Wochen hätten online reservieren müssen. Ja, hätte ich wissen können, habe ich aber nicht. Für heute ist eh ausverkauft.

Auf dem Weg zu dem netten Café, das ich auf der Piazza San Domenico Maggiore gesehen hatte, kommen wir am Museum vorbei. Die Warteschlange am Einlass geht um zwei Straßenecken, wirklich nicht das, was wir uns für einen entspannten letzten Morgen vorgestellt haben. Stattdessen gibt es Kaffee und luftig leichtes Hefegebäck, Orangensaft und ganz viel Sonne. Vielleicht ganz gut so: die Kunstwerke kann ich mir im Internet anschauen, Sonnenstrahlen im Gesicht tun nur im realen Leben gut.

So gestärkt tauchen wir noch einmal ein in das Gewühl und Gewimmel der Altstadtgässchen und trauen uns am letzten Tag in die Via San Gregorio Armeno, die Gasse der Krippenmacher. Neapels zweite Spezialität neben der Pizza sind die prächtig ausgestatteten Krippen. Aus Korkblöcken wird der Hintergrund gestaltet, der dann mit mannigfachem Personal ausgestattet wird. In den Geschäften kann man sich seine ganz persönliche Weihnachtsszene zusammenstellen. Dass Neapels Fußballverein – im blauen Trikot – nicht in der Weihnachtsgeschichte vorkommt, scheint niemanden zu stören.  Und dann steht neben der Queen noch ein Kerl, der in meinen Augen ganz bestimmt nicht in eine Krippe gehört.

Unser Taxi ist für zwölf Uhr bestellt, da bleibt noch Zeit, sich um etwas Verpflegung zu kümmern. Auf der Via di Tribunali hatte ich einen Laden gesehen, der sehr appetitanregend wirkte.

Ein bärtiger Hüne bastelt sehr konzentriert an kleinen Häppchen, blickt auf und strahlt uns an. Wir bestellen, er nimmt zwei panino, und schneidet sie auf. Dann ist der Mozarella dran, der Hüne reicht uns nonchalant die abgeschnittenen Endstücke und fischt gebratenen Friarielli – eine Art wilder Brokkoli – aus dem Öl. Schichtet beides übereinander und greift nach dem Teller mit dem hauchdünn aufgeschnittenen Braten. Zwei Hände voll davon drapiert er hoch auf das Gemüse, das Fleisch legt sich in üppige Falten, noch etwas Olivenöl dazu – kurzum das ist ein belegtes Brötchen, wie die „Nonna“ es ihrem Lieblingsenkel für den Wandertag mitgibt.

Das erweist sich als gut so. Unser Taxifahrer bringt uns mit lachender Gelassenheit durch teilweise haarsträubende Verkehrssituationen fast pünktlich zum Flughafen. Wo uns erst unsere Airline ihre Verspätung mitteilt und dann der Flughafen ankündigt, dass der Tower ein Computerproblem habe.

Mit mehreren Stunden Verspätung kommen wir in Genf und eine halbe Stunde später zuhause an. Noch immer so satt, dass wir die Cappellini al limone auf morgen verschieben.


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